Roman
254 Seiten, Hardcover
Eichborn Verlag 2020
Ein schöner tiefblauer Buchumschlag mit einem leuchtend roten Oktopus und einem rätselhaften Titel!
„Marianengraben“, ein Tiefseegraben im Pazifik, steht als Bild für den unendlich tiefen Schmerz, den die Erzählerin dieses Romans, die junge Doktorandin Paula, empfindet. Sie hat durch einen tragischen Unfall ihren kleinen Bruder verloren und fühlt sich schuldig an dessen Tod. Der schmerzliche Verlust prägt fortan ihr Leben, sie verspürt kaum mehr Energie für ihre Zukunft. Bis sie zufällig dem Rentner Helmut begegnet. Helmut betrachtet das Leben aus einer anderen Perspektive, er hat ebenso Verluste erlitten und an seinem Lebensabend noch eine Mission zu erledigen. Die Zufallsbegegnung wird zu einem Roadmovie der beiden. In vielen tiefen Gesprächen und teilweise komischen Erlebnissen setzen Paula und Helmut sich mit ihren Verlusten auseinander und lernen vom jeweils anderen, bis die Handlung ein überraschendes Ende nimmt.
Wer sich als Leser auf eine spannende Geschichte zum Thema Tod, Trauer und Verlust einlassen will, findet hier eine unkonventionelle Geschichte. Man wird etliche Passagen finden, die die schmerzlichen Gefühle eines Verlustes so treffend in Worte fassen.
„,Das Schlimme an der Trauer ist ja, dass sich die Welt um einen herum einfach weiterdreht`, fing er an zu reden, ,man selbst fühlt sich grauenvoll, doch alle anderen gehen zur Arbeit, besuchen das Kino, schauen Komödien und lachen, [….]. Man ist plötzlich ganz allein, weil man sich ganz anders anfühlt als die Leute um einen herum, also in sich drin, Sie wissen schon. Man ist wütend, weil man denkt: Jetzt wartet doch mal, wisst ihr nicht, was passiert ist? Die Welt geht unter! Und die Realität ist eben: Nö. Man ist nicht wichtiger im Lauf der Dinge als die anderen. Die Welt geht auch nicht unter. Der Alltag geht halt so voran und schleppt einen auch irgendwie mit. Und was einem da vielleicht so vorkommt, als sei es eine unglaubliche Qual, ein furchtbarer Affront, ist dann später auch die einzige Chance, wieder zurecht zu kommen.´ “ S. 68
Die mitunter skurrilen und konstruierten Situationen (z.B. die Asche aus einer Urne ergießt sich über Paula) erlauben aber auch entspanntes Lachen bei einem schwierigen Thema. Der sprachlich flott geschriebene Roman ist das erfolgreiche Debüt einer jungen Frau, die als Sterbebegleiterin praktische Erfahrungen zum Thema sammeln konnte.
Gisela Bach